Sagt man, dass ein Wein lecker ist, weckt diese Aussage keinerlei Neugier bei mir. Ich kenne eine ganze Reihe von leckeren Weinen mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis, die ich sehr gerne trinke. Aber nur dann, wenn eine leckere Entspannung angesagt ist, die von mir keine Aufmerksamkeit verlangt. Aber das ist etwas anderes und hat mit unserem Thema nichts zu tun.

Denn ein Wein, der einen Platz in diesem Beitrag verdient, muss vor allem interessant sein. Entdeckungswürdig. Komplex. Wir bleiben bei der Preisklasse unter € 50 und blicken wieder nach Italien.

Eine Legende der Weinwelt. Bruno Giacosa

Es ist an der Zeit, den Namen von Bruno Giacosa fallen zu lassen, bevor wir zu edlen Tropfen übergehen.

Giacosa stammt aus einer Weinproduzenten-Familie mit einer reichen Geschichte. Während des größten Teils dieser Geschichte besaß die Familie keine Weingüter und spezialisierte sich ausschließlich auf den Produktionsprozess. Und darin sind die Giacosas unübertroffene Meister. Selbstverständlich mit einer eigenen ausgefeilten Strategie. Die Strategie vom „Rosinenauspicker“.

Nur die besten Trauben aus besten Jahrgängen. Kommt kein gutes Jahr – gibt es keinen Wein: ganz einfach. Auch in den besten Jahren hatte es die Familie nie eilig, einen Wein auf den Markt zu bringen. Die Reife ist ein wichtiger Faktor – Geduld ist angebracht!

Barbera d’Alba 2017

Zurück zu entdeckungswürdigen Weinen. Gib mir einen richtig trockenen Wein mit gut ausgeprägter Mineralität und dezenten Noten von der getrockneten Frucht und ich bin voll dabei!

Wer Barbera d’Alba für sich entdeckt hat, weiß, was ich meine.

Er ist 100 % Barbera, gilt nicht als großer Wein und blickt von unten ganz schüchtern auf seinen Nebiolo-Bruder Barolo Falletto Vigna Le Rocche 2015 (100 Suckling-Punkte, Preis ca. € 180).

Doch unser schüchterner Protagonist hat einiges zu bieten:

Richtig trocken. Nase: blumige und fruchtige Nuancen, angenehme Gewürzaromatik, Steinobst. Am Gaumen entschließt sich der Wein langsam und lässt den Verkoster schmachten. Zuerst klingen die Noten von roten Johannisbeeren und später von gedörrten Früchten: Banane, Rosinen. Ein langer Abgang mit getrockneter Birne. Tannine und Säure koexistieren sehr harmonisch in diesem hervorragenden Wein.

Barbera-Weine

Fratelli Revello Barolo 2015

Der zweite Wein auf unserem Verkostungstisch ist der Revello-Familie zu verdanken und ein Nebiolo (generell ist für die Herstellung der Barolo-Weine nur diese Sorte zugelassen).
Die Familie Revello
Auch wenn es enttäuschend klingen mag, handelt es sich bei ihr eher um Quereinsteiger als eine traditionelle Winzerfamilie. Bis in die 90er Jahre war die Hotelwirtschaft die Hauptbeschäftigung dieser Weinproduzenten.
Aber das soll nichts heißen. Denn die Kellerwirtschaft der Revellos ist durchaus traditionell und überzeugt mit mehreren hervorragenden Weinen.
Unser Fratelli Revello aus dem Jahrgang 2015 hat eine verführerische Nase: Erdbeeren und feuchtes Holz. Am Gaumen elegant-fruchtig, ein wenig zurückhaltend mit erstaunlich ausbalancierten Tanninen. Die mittlere Komplexität dieses Weines macht einem Weinkenner genug Spaß, aber auch einem passionierten Laien wie mir.

Bei einem Glas von diesem Wein erleben Sie garantiert keine Langeweile und machen jedes Mal mindestens eine kleine neue Entdeckung.

Revello-Weine