Trinkreife erreicht
Eine der spannendsten Facetten an einem guten Wein sind die magischen Veränderungen, die ihm in seiner zunehmenden Reife viele Gesichter verleihen. Wie ein brillanter Musiker, der immer wieder auf die Bühne gebeten wird und das Publikum mit jeder Zugabe aufs Neue überrascht, ist ein echter Bordeaux mit jedem Lebensjahr ein weiteres Geschenk.
Château Cambon de La Pelouse 2016 – trinkreif
Im Oktober 2020 habe ich in meinem Artikel „Komplexer Wein, die Trinkreife und ganz wenig Geduld“ meine Verkostungsnotizen zu diesem Jahrgang veröffentlicht. Genau nach einem Jahr hole ich nun wieder eine Flasche Château Cambon de La Pelouse 2016 aus dem Keller.
Und er enttäuscht mich nicht! Der Wein ist ruhiger geworden, eleganter und hat an Struktur gewonnen. Kirsche und Trockenfrucht öffnen sich schneller dem Gaumen, die Tannine sind perfekt eingebunden. Die Eukalyptus-Note ist einer von Zeder gewichen, der Abgang ist edel.
Château Fonplegade 2015
Sollte man den Preis als ein Zeichen der Anerkennung verstehen – hat der Jahrgang 2015 die Führung an seinen Nachfolger aus 2016 abgegeben. Doch nicht für jeden. Mich fasziniert der Château Fonplegade 2015. Samtiger Tank mit viel Frucht, etwas Tabak, hervorragende Mineralität. Edle Tannine unterstreichen seinen Charakter – ein edler St. Emilion.
Château Carlmagnus 2015
Noch ein wunderbarer Merlot, diesmal aus Fronsac. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist, nach meiner Einschätzung, bei dem Jahrgang fast unschlagbar (ca. 16 €). Noten von reifer Pflaume, Zeder und sogar ein bisschen Orange bilden ein magisches Bouquet. Eine leise Tabaknote dazu macht es absolut unwiderstehlich. Trotz so vieler Nuancen ist der Wein ganz gut strukturiert. Beim Abgang verwöhnt der Carlmagnus mit einem leicht schokoladigen Nachhall.
Ich als Laie komme zum Schluss, dass mein Mini-Weinkeller wachsen soll und ich Platz für mindestens drei Flaschen von jedem Wein brauche, damit ich die edlen Tropfen in ihren besseren Jahren erlebe.