Spontan in die Wein-Arena:

Es ist der 15.Oktober, ein entspannter Samstag Nachmittag auf der Terrasse, das Wetter ist zwar nicht sonnig, im Gegenteil zeigt sich ein Wolken verhangener Himmel. Ideales Rotweinwetter also, warum die Zeit am Wochenende nicht für ein kleines Duell in der Wein-Arena nutzen?
Macht ja auch Spaß, so ein Duell.
Und sollte vor Allem lecker sein, also zumindest wünscht man sich das.
Die drei Kontrahenten sind schnell gefunden, es ist eine gesellige Runde, man verkostet zu Fünft, der Abend ist jung. Es wird ein bisschen saftiges, rotes Fleisch dazu geben, also entscheiden wir uns für Cuvées mit Vorbild Bordelais, zwei aus dem Bordeaux und eine bordelaiser Cuvée aus Kalifornien.
Alle Weine entstammen dem Jahrgang 2006 und enthalten die vier gleichen Rebsorten, typisch für das Bordelais: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot, allerdings in unterschiedlichen Mengenverhältnissen.

Flanke zum WeinIns Rennen geschickt werden aus der alten Welt der Zweitwein des großen Chateau Montrose, der La Dame de Montrose aus Saint-Estephe. Die Cuvée aus 58% Merlot, 30% Cabernet Sauvignon, 11% Cabernet Franc und 1% Petit Verdot lag bei Erscheinen bei circa 35€.

Der zweite echte Bordelaiser ist eine Flasche des Chateau Batailley Grand Cru Classé aus dem Pauillac. Für die Cuvée aus 70% Cabernet Sauvignon, 25% Merlot und zusammen 5% Petit Verdot und Cabernet Franc wurden bei Erscheinen ebenfalls circa 30€ aufgerufen.

Aus der neuen Welt, genauer aus dem Napa Valley in Kalifornien, USA, stammt der Dominus Napanook Proprietary, der Zweitwein der legendären Dominus Estate. Die Cuvée besteht aus 87% Cabernet Sauvignon und 13% Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot. Der cabernetlastige Pirat lag bei Erscheinen bei circa 50€.

Im Vorfeld lege ich mich für mich selbst aufs Ranking am Ende fest, die Erwartungshaltung ist groß, ich sehe das Flaggschiff des Chateau Batailley trotz des geringeren Preises vor dem Kalifornier und erwarte den Zweitwein des Chateau Montrose knapp dahinter auf dem letzten Platz.

Dementsprechend öffne ich die Flaschen auch und schenke ein, hintereinander von meinem gedachten Platz 3 bis zum potentiellen Gewinner.

Es geht also los, der La Dame de Montrose ist im Glas, präsentiert sich ordentlich stallig in der Nase, mehr als noch erwartet, mit einem leichten Anflug von Minze, wir sind positiv überrascht und der Konsens in der Gruppe ist, dass dieser Zweitwein wohl eher mit Power als mit Eleganz überzeugen soll.
Ungeduldig wird der erste Schluck genommen und schlagartig ist nichts mehr zu hören, kein Schlürfen, kein genüssliches Mmmhhhh oder Sonstiges, die Blicke treffen sich, alle haben eine tiefe Falte auf der Stirn. Donnerwetter, unreife Gerbstoffe und jede Menge Säure, kaum Frucht, bissig und adstringierend. Wir stellen die Gläser weg, zurück auf den Tisch, spucken aus und sind sprachlos. Wir geben dem Wein einfach einen Augenblick, vielleicht tut sich ja etwas mit ein bisschen Luft, optimistisch sind wir aber nicht. Innerhalb von Minuten zerfällt der Wein im Glas, die Nase wird muffig, kein animierender Stallgeruch mehr, keine Minze, nur noch der Eindruck von Brackwasser. Ich weigere mich nochmal zu kosten, einer der Gruppe wagt es und opfert sich, probiert, verzieht kopfschüttelnd das Gesicht und reisst den Spucki an sich. Durchgefallen, völlig hinüber, schade!

Es gibt einen Schluck Medium-Mineralwasser und um den Geschmack möglichst effektiv loszuwerden noch ein Stück Brot zum Bissen Fleisch.

Nachdem wir uns alle wieder beruhigt haben, geht der zweite Kandidat ins Glas, der Dominus Napanook. Die Farbe ist dunkler, kräftiger als die des Bordeaux, in der Nase drängt sich die Minze gepaart mit etwas Milchschokolade und schwarzen, vollreifen, leicht süßlichen Kirschen und Brombeeren auf. Herrlich, wir schnüffeln und riechen, riechen und schnüffeln und vergessen vor lauter Vorfreude grinsend, zu probieren. Endlich, der erste Schluck, der Wein schmeichelt sich mit sanftem Tanninen an den ganzen Mund, ist weit vom Aufgeben entfernt sondern noch animierend und lebendig, die Fülle der Nase setzt sich im Mund fort, ich bin begeistert und ärgere mich innerlich über mein im Vorfeld aufgestelltes Ranking, das wird schwer zu toppen. Wir sind uns einig, dass die Kuh sich jetzt ebenfalls sehr über den Ami freut und setzen das Duell später fort.

Als es an den Chateau Batailley geht sind die Erwartungen doch wieder recht groß. Zwar kein großer Jahrgang, aber ein tolles Weingut, dass seit 2009 stetig mehr Renommee erfährt. Im Glas zeigt sich ein dunkles Rubinrot, noch keine wirkliche Reifefärbung am Rand. Die Nase ist herrlich verführerisch, dunkle Frucht, Zartbitterschokolade, Minze und etwas Graphit. Im Mund kerniges, präsentes Tannin, mehr als man bei der Nase erwarten durfte, aber nicht austrocknend oder unangenehm. Da geht noch was! Hier haben wir den besseren Speisebegleiter, mehr Rasse, mehr Grip, das freut das Rumpsteak, das wegen des höheren Fettanteils auch mehr dieser Power braucht. Die Frucht ist zwar recht verhalten, aber der Geschmack ergänzt sich mit den Eindrücken der Nase. Etwas Schokolade, etwas Kirsche und Cassis. Tatsächlich hat der Wein trotz des Jahrgangs noch Potential, in zwei bis drei Jahren wird er sich perfekt darstellen.

Die Bewertung ist denkbar schwierig, der dritte Platz ist zwar klar, aber was nun?
Der kalifornische Pirat ist gerade sensationell zu trinken und noch nicht am Ende angekommen, der Bordeaux macht noch nicht soviel Spaß wie er es mal tun wird, hat aber mehr Substanz und Potential. Die entscheidende Frage ist: Jetzt oder in drei Jahren?
Für alle, die umgehend genießen wollen, ist sicher der Napanook der Gewinner. Charmanter, mehr Extrakt, samtig und elegant.
Für die anderen, die warten können, muss der Chateau Batailley das Rennen machen: mehr Grip, mehr Potential und wenn er sich vollends entfaltet haben wird, auch mehr Intensität.

Damit kann ich leben, nicht ganz am Ziel vorbei geschossen, einen schönen Nachmittag/Abend gehabt und zumindest zwei bockstarke Weine verkostet, die Rebsortenkombination des Bordelais macht einfach Spaß.

Wenn wieder einmal was Spannendes ins Glas kommt – wir halten euch auf dem Laufenden!

Hier übrigens die Bewertungen des Wineadvocate mit Link zum Weingut in unserem Shop:

2006 Chateau Batailley, Pauillac

2006 La Dame de Montrose, Chateau Montrose, Saint Estephe

2006 Dominus Napanook Proprietary, Napa Valley