Denis Durantou
Jener Tag im Mai 2020 war kein guter Tag. Nicht für die gesamte Appellation Saint-Emilion, nicht für die Weinwelt des Bordeaux, es war kein guter Tag für Frankreich und auch nicht für die gesamte Weinwelt. Dennis Durantou war ein Besessener, ein Verrückter, ein niemals ruhender Antreiber, der auf seinen Weingütern alles selbst machte, nur um die Qualität so weit wie möglich nach oben zu drehen. Die Personalunion aus Außenbetriebsleiter und Önologe für gleich vier Weingüter zu sein, zeigt schon deutlich auf, dass er es liebte alles fest in seinen Händen zu halten, die Abläufe zu kontrollieren und die Verantwortung zu tragen. Das Familienweingut L’Eglise Clinet führte er auf diesem Wege ganz an die Spitze des Pomerol und in die bestausgestattesten Keller und ruhmreichsten Weinkarten der Welt. Die Weine von Château Les Cruzelles und La Chenade in Lalande-de-Pomerol, Château Montlandrie in Castillon und eben das Château Saintayme tragen seine Handschrift, sind das Erbe des Dennis Durantou. An jenem Tag im Mai 2020 verstarb er nach langer Krankheit. Heute werde ich von meiner Verkostung seines letzten Weines auf Saintayme berichten, den er noch komplett fertig stellen konnte. Heute geht es um den 2019er Château Saintayme von Denis Durantou.
Die Region Saint-Emilion in Bordeaux
Wenn es eine Region gibt, die Sinnbildlich für die Evolution und vielleicht auch für die Revoluttion steht, dann ist es die Region St-Emilon. Die Region mit ihrem unverbrauchten und authentischen Charme steht neuerdings und mehr denn je für Umbrüche, Veränderungen in Strukturen und reihenweise Austritte aus der Appellation. Für manche der totale Graus, für andere Quell der Inspiration und mutiger Fingerzeig in eine andere und hoffentlich bessere Zukunft. Die Region steht für vollmundigen, seidigen und trinkfreudigen Rotwein, der hauptsächlich aus Merlot erzeugt wird. Am besten gefällt ein St-Emilion nach ein paar Jahren der Flaschenreife, wenn die Tannine zunehmend rund werden und abschmelzen. Klassifiziert werden Weine aus Saint-Emilion in Unterschieden werden alle zehn Jahre, sortiert nach Premier Grand Cru Classé, Grand Cru Classé und Grand Cru. Das Saint-Emilion ist die Heimat klangvoller Namen wir Cheval blanc, Ausone, Figeac, Angelus, Troplong Mondot, Pavie Maquin, La Mondotte und Valandraud. Mit letzterem erhielt ein ganz neuer Stil Einzug in die Region und prägt seither die Region. Der Negoce Jean- Luv Thunevin kreierte aus wenigen, winzigen Parzellen einen überwältigenden, weil fruchtintensiven und hochglanzpolierten Garagenwein. Diese Tatsache aber auch Lockrufe der Gemeinde folgten andere namhafte Önologen, wie Michel Rolland, Stéphane Derencourt und Pascal Chatonnet.
Um den 2019er Saintayme zu beschreiben, benötigt man nicht allzu viele Worte. Denn hat man den Wein erst einmal im Glas, wird schnell klar, wie hochwertig dieser wirklich perfekt gemachte Wein ist! In der Nase eine satte Ladung roter Kirschen und kleiner Walderdbeeren. Aufgefüllt mit dunkler Vollmilchschoko, zartem Duft von hochwertiger Vanille, Akazie, Lorbeer, Heidelbeere, Anis. Kümmel und dem unmissverständlichen Hinweis auf den kalkigen Untergrund, auf dem die Merlot Reben stehen. Diese wurden Anfang Oktober geerntet, bei kühlen Temperaturen vergoren, der sehr gute ph-Wert deutete auf gut selektioniertes und gesundes Lesegut hin und somit ist das präzise und abwechslungsreiche Duftbild folgerichtig. Am Gaumen hohe geschmackliche Dichte, die den gesamten Raum aromatisch und auch ätherisch füllt und später zurücklässt. Ein kraftvoller Merlot als großartiger Abdruck seines Jahrgangs. Würze und Biss. Das eher dunkle Geschmacksbild wird begleitet von einer ganz subtilen Säure und das zur Zeit noch präsente Tannin fällt durch seine Feinkörnigkeit und Engmaschigkeit auf. Der 2019er Saintayme ist ein richtig ernsthafter Wein, der in seiner Klasse Maßstäbe setzt. Das ist also der letzte von Denis Durantou vinifizierte Saintayme. Sein Können, seine Leidenschaft und auch seine Haltung, Taten lauter als Worte sprechen zu lassen, werden mit Öffnen einer jeden Flasche zum Vergnügen. Und somit für immer in Erinnerung bleiben.