Ein jeder Weinliebhaber kennt das weltberühmte Label mit der goldenen Glocke. Das Chateau Angelus gehört heute zu den 4 Premier Grand Cru Classe „A“. Neben Chateau Pavie, Chateau Cheval Blanc und Chateau Ausone zählt es somit zu den vier höchst klassifizierten Weingütern im Saint Emilion. Das Chateau Angelus verdankt seinen Namen dem besonderen Standort, an welchem man das Glockenläuten der drei umliegenden Kapellen gleichzeitig hören kann. Nachdem das Weingut im Jahre 2012 von Grand Cru Classe B auf A hochgestuft wurde, sind auch die Erwartungen enorm hoch. Ob diese erfüllt werden, wollten wir genauer wissen.
Im Restaurant Shiraz in Wuppertal bewirtete uns Serkan Akgün mit einem sehr feinen mehrgängigen Menü auf höchstem Niveau.
Wir dekantierten eine Stunde vorher jeweils eine halbe Flasche der zur Verkostung stehenden Jahrgänge Chateau Angelus 2009 sowie 2010. Robert Parker bewertet beide Jahrgänge mit 99+ Punkten, die Perfektion ist also in greifbarer Nähe.
Bevor wir die ersten Schlücke der beiden Chateau Angelus zu uns nahmen, liessen wir uns die ersten Gänge schmecken. Zum „Eintrinken“ gab es mit dem Chateau Fombrauge 2011 aus dem Hause Bernard Margrez einen kleinen Saint Emilion. Der Bordeaux Jahrgang 2011 allgemein ist von vielen völlig übersehen und schickt sich an als smart buy Jahrgang den frühen Genuss zu befriedigen. Genau so ist es auch beim Fombrauge. An diesem erkennt man sofort zu was ein toller Winzer mit den gewissen Möglichkeiten aus einem solchen Jahrgang machen kann. Frisch eingeschenkt geizt er nicht mit Frucht. Satte kirschige Aromen gepaart mit einer Portion Vanille und einem Hauch dunkler Röstnoten sind zu erkennen. Die Farbe ist dicht, im Kern nicht mehr durchsichtig, am Rand finden sich ins Orange tendierende Reflexe. Im Mund hat er eine gute Konzentration und ist nicht übervinifiziert. Saftiges weiches Tannin unterstützt das mittlere bis volle Finale. Rundum gelungen verdient er sich in unserer Wahrnehmung eine Bewertung von 90 Punkten und einem Potenzial für mindestens weitere 5-7 Jahre Trinkgenuss.
Zurück zu unseren beiden Hauptdarstellern an diesem Abend. Wir geniessen beide Chateau Angelus gleichzeitig aus dem Zalto Denk Art Bordeauxglas. Zunächst darf der 2009er ran…. seine Farbe ist dunkel und undurchsichtig im Kern. Die Nase ist hoch komplex, viele dunkle kleine süssliche Früchte, schokoladige Anklänge, geröstete Haselnüsse mit einem karamelligen Touch, Gewürzkiste und Graphitnoten sind im Hintergrund wahrzunehmen. Den Angelus im Mund zu haben ist mit dem Empfinden von flüssiger Seide zu vergleichen. Er schmiegt sich so zart in jeden Winkel an und kleidet diesen edel aus. Das faszinierende dabei ist, dass er an sich nichts vermissen lässt ohne zu übertreiben.
Direkt einmal den 2010er Chateau Angelus im Vergleich dagegen. Hier ist die Farbe sogar noch ein wenig dunkler und fast ins Schwarze gehende. Immer noch mit minimal violetten Reflexen. Die Nase ist sehr ähnlich, sie zeigt beim 2010er einen Hauch mehr Röstnoten etwas Lakritz und Kohle. Diese unglaubliche Feinheit und perfekte Abgestimmtheit ist faszinierend. Es fällt auf, dass der 2010er eine minimal rauere Tanninstruktur aufweist. Das Tannin wirkt noch grobkörniger und nicht so poliert wie beim 2009er Chateau Angelus. Auch seine Präsenz am Gaumen ist ein wenig intensiver und packt einen Tick mehr zu. Wenn also der 2009er wie Seide wirkt, ist der 2010er mit einem opulenten Samtmantel zu vergleichen.
Nachdem wir die ersten zwei halben Flaschen aus dem Dekanter verkosteten, kamen wir zu einem ersten Fazit. Diese beiden Rotweinikonen präsentierten sich von ihrer besten Seite, zeigten schon jetzt tolle aromatische Opulenz, ganz klare Jahrgangstypizität und einen sehr hohen Genussfaktor.
Nun machten wir uns an die jeweils in der Flasche verbleibene Hälfte des Chateau Angelus Duos aus 2009 und 2010. Was da jetzt nach gut 3 Stunden aus der Flasche floss grenzte an ein Aromenfeuerwerk. Kaum zu glauben aber die beiden Weine konnten noch einmal drauf legen. Es kamen leichte pralinige Anklänge durch. Die Kirsche verwandelte sich in Kirschlikör und die Schokoladigen Anklänge verschmolzen mit edlen Tabaknoten und einer süsslichen Vanilleschote. Diese Weine sind wirklich eine Offenbarung, faszinierend ist ihr Aromenwechsel der stetig im Gange ist. Aus heutiger sicht können wir Ihnen nur empfehlen diese Weine einmal zu probieren, es ist auf jeden Fall ein abendfüllendes Erlebnis.
Uns hat die zweite Hälfte der Flasche deutlich mehr imponiert als die erste Hälfte aus dem Dekanter. Rückblickend können wir sagen, dass so junge Weine nicht immer mit dem übermässigen dekantieren zu recht kommen. Sie verschliessen sich teilweise und lassen nicht allen Aromen und Geheimnissen freien Lauf.
Somit kommen wir zu unserem abschliessenden Fazit: Einen Wein wie den Angelus zu verkosten ist in der Regel immer ein Hochgenuss. So auch in diesem Direktvergleich, einen klaren Sieger konnten wir nicht ausmachen. Wohl aber einen jetzigen Genussfavorieten küren. Unserer Meinung nach hat der 2009er eine Nuance die Nase vorne, seine absolute Feinheit ist es die ihn zur Zeit einfach zum grösseren Genuss macht. Sicherlich wird der 2010er in einigen Jahren aufschliessen oder sogar überlegen sein. Aus heutiger Sicht geben wir dem Chateau Angelus 2009 98+ Punkte und dem Angelus 2010 97+ Punkte, beide Weine werden aber in Ihrer vollkommenen Reife mit der Perfektion flirten.
Einen ähnlichen Vergleichstest können auch Sie in ein paar Jahren einmal machen, wenn die Jahrgänge 2015 und 2016 des Chateau Angelus ausgeliefert sind. Denn auch hier schicken sich zwei ganz grosse Weine an auf den Markt zu kommen.
Die Weine des Chateau Angelus finden Sie hier —>>
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