Reise nach Bordeaux. Teil III
Bald ist es soweit. Von der Halbinsel Médoc trennt uns nur der Fluss. Hier, in Blaye warten wir auf unsere Fähre. Die Stunde, die uns noch bleibt, nutzen wir um uns unter den Mauern der Zitadelle von Blaye zu erholen. Das beeindruckende Bauwerk stammt aus dem 17. Jahrhundert. Was heute eine Touristenattraktion darstellt, stellte damals eine bedeutende Festung dar, die dem Schutz des Hafens diente. Die Festung fasziniert mit ihren Dimensionen und einer malerischen Schönheit. Ihre Mauern ragen stolz über die unruhigen Gewässer von Gironde. Von der Festung aus können wir Teile der Stadt erkennen.
Wir haben Glück! Unten auf dem kleinen Platz entdecken wir ein Weingeschäft und erfahren, dass die Frau des Besitzers aus Deutschland stammt. Bei einem kleinen Plausch über die Stadt und unterschiedliche Weine, erfahren wir ein paar interessante Details. Clarissa erklärt uns z.B. die Unterschiede zwischen den Weinen von Blaye und Medoc. Sie ist sehr nett und beantwortet unsere Fragen direkt vor der Kamera.
Wir bedanken uns bei Clarissa, verabschieden uns von Blaye und fahren auf die Fähre. Der Fluss ist hier breit genug, die Halbinsel sehen wir nur als schmalen Landstreifen. Das Wasser ist grün und trüb, und ähnelt sogar den wilden Gewässern des Amazonas‘ im Regenwald.
Es gibt kaum eine Gegend, wo so viel Wein mit weltbekannten Namen auf einer Fläche angebaut wird wie hier. Die unzähligen Chateaus der Halbinsel Médoc locken Weinliebhaber aus der ganzen Welt an.
Médoc ist mehrere Kilometer lang. Alleine die Weinbaufläche zieht sich über 80 km – eine schöne Landschaft, die für ihre französisch-ländliche Architektur und ihren einzigartigen Boden bekannt ist.
Neben vielen anderen liegen hier auch folgende Chateau:
- Chateau d‘Escurac
- Chateau Citran
- Chateau Montrose
- Chateau Margaux
Vor unserer Reise haben wir Weine aus diesen Chateaus in Essen verkostet und freuen uns nun, die Reben und Chateaus mit eigenen Augen sehen zu können.
Am anderen Ufer bietet sich uns ein idyllisches Bild. Grüne Buchten, Fischer am Ufer, Ruhe.
Unsere Chateaus sind auf einer Linie angeordnet und verlaufen parallel zur Flusslinie. Die Fähre bringt uns zum Punkt zwischen den Chateaus Citran und Margaux. Nachdem wir einige Kilometer in südliche Richtung gefahren sind, gelangen wir ins Halbinsel-Innere zum Chateau Citran.
Chateau Citran
Das Chateau Citran liegt nur ca. 10 Km vom Steg entfernt. In einer Viertelstunde sind wir bereits vor Ort.
Zum Chateau gehören zwei große Parzellen mit einer Fläche von über 100 Hektar. Eine davon umkreist das Chateau, die andere das Dorf selbst. Das naheliegende historische Schloss verleiht der Gegend etwas Mysteriöses.
Das Chateau Citran hat eine lange Geschichte. Zwei bedeutende Ereignisse reichen bis in unsere Zeit hinein. Im Jahr 1996 übernahm die Familie Merlaut die Leitung und sorgte für viele Veränderungen. Im Jahr 2012 wurde Citran zum historischen Denkmalerbe erklärt.
Für einen Zeitraum von mehreren Jahren wurde ein großes Renovierungsprogram erstellt, bei dem es hauptsächlich darum ging, dass die Parzellen besser mit Sonnenlicht beschienen werden sollten. Bezüglich der Rebenzucht wird genau darauf geachtet, was für die Umgebung am angemessensten ist. Jeder Boden profitiert anders von der Art wie er behandelt wird. Manche Reben werden auf die traditionelle Art gezüchtet: in diesem Fall wird der Boden mechanisch und dem Standard entsprechend bearbeitet. Einige Parzellen erfahren eine besondere Behandlung, die zur Verbesserung der Bodenqualität beiträgt. Auf rund einem Drittel des Weinguts wird ausschließlich organisch angebaut.
Mit dem Wetter haben wir leider kein Glück. Es fängt an in Strömen zu regnen. Jetzt Fotos zu machen, hat keinen Sinn, also verlassen wir das Chateau bereits nach kurzer Zeit. Unser nächster Anlaufpunkt ist das Chateau Margaux. Wir hoffen, dass der Regen bis zu unserer Ankunft nachgelassen hat und machen uns auf den Weg.
Chateau Margaux
Weine von Margaux sind berühmt, wunderbar ausgeglichen und dementsprechend ziemlich teuer. Mehrere Chateaus aus der Gegend genießen internationale Anerkennung in der Weinkennerwelt. Das Chateau Margaux selbst ist der Primus inter Pares noch vor dem ebenfalls sehr berühmten Nachbarn Chateau Palmer, Rauzan Segla oder Brane Cantenac. Nach der Klassifikation von 1855, ist das Chateau Margaux das einzige mit dem Status Premier Grand Cru Classe in der Appelation Margaux. Das besondere Terroirs der Appelation Margaux begünstigt die geschätzten Rebsorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Frank und Petit Verdot. Die Appelation Margaux selbst gilt als die femininste der Medoc Appelationen, sie begünstigt stets die leicht blumige Aromatik in den Weinen dieser Region, Oft sind die Weine sehr ausgeglichen und harmonisch. Dem Boden ist dabei viel zu verdanken. Viel Kalk zwingt die Pflanzen ihre Wurzeln tief in die Erden zu graben – nur da bekommen sie genügend Wasser. Auf diese Weise bringt die Erde eine ganz eigene Geschmacksnote in diw edlen Rotweine des Margaux.
Die Geschichte des französischen Weins ist ein zentraler Aspekt des nationalen Stolzes. Aber ganz gleich wie tief die historischen Wurzeln reichen – in ihre Geschichte mischen sich Anekdoten und persönliche Erfahrungen, die auch aus anderen Regionen stammen können. Da kann es sein, dass durchaus Namen auftauchen, die nicht unbedingt immer französisch klingen. So ist das auch beim Chateau Margaux. André Mentzelopoulos ist ein gutes Beispiel dafür. Im Jahr 1977 hat er das Chateau aufgekauft. Dafür musste André mehr mitbringen als eine Leidenschaft für Wein. Um einen Chateau kaufen zu dürfen, musste der Grieche zunächst einmal die französische Staatsbürgerschaft annehmen. Seit 2003 besitzt seine Tochter Corine den größten Teil des Unternehmens.
Chateau Montrose
Die Appelation von Saint-Estèphe mit seinen bekanntesten Weingütern wie Chateau Cos d´Estournel, Chateau Calon Segur, Chateau Phelan Segur und eben auch das höchstklassifizierte Chateau Montrose sind Teil dieser edel Appelationen auf der Medoc Seite des Bordeaux, auch als linkes Ufer bezeichnet.
40 % der gesamten Weinproduktion vom Chateau Montrose entfallen im Durchschnitt aud den Zweitwein des Chateau, dem „La Damme de Montrose“ (die Verkostungsnotizen werden wir in diesem Jahr noch veröffentlichen). Für ca. 50 € pro Flasche bekommen Weinliebhaber einen richtig authentischen Wein der so manchem Erstwein das Fürchten lehrt. Erst recht in einem Überjahrgang wie es 2010 war. Wer ein bisschen Geduld mitbringt und mit dem Genuss wartet bis der Wein 10-15 Jahre gereift ist, wird noch mehr belohnt. Es liegt in der Natur dieses grossen Weines, mit den Jahren an Körper und Komplexität zu gewinnen. Der Wein leuchtet in einem tiefdunklen Rubin; obwohl sein Geschmack in der
Jugend etwas ungestüm wirkt und nicht sofort zugänglich erscheint, überrascht er doch immer wieder mit seinen komplexen Aroma und den deutlichen Noten seiner Herkunft, dem steinigen und kühleren Saint Estephe.
Das Chateau besitzt eine riesige vor wenigen Jahren neu geschaffene Barrique Hall, die uns nicht alleine mit ihren Dimensionen, sondern auch mit ihrer Erhabenheit überrascht. So ist auch das Chateau Montrose an sich groß, feierlich und reich an Traditionen. Nicht umsonst nennt man das Chateau Montrose auch das Chateau Mouton Rothschild des Saint Estephe.
Chateau d´Escurac
Das Chateau d‘Escurac ist der nördlichste Punkt unserer Route.
Wir fahren die Straße D1215 Richtung der Halbinsel-Spitze. Das Chateau liegt fast mittig zwischen Gironde und der Ozeanküste. Wir biegen auf die kleinere D102 ab, welche nach ein paar Kilometern in die Route d‘Escurac übergeht. Wohin das Auge fällt, sieht man hier nur Felder und Weinbauflächen. Fast gar keine Häuser, keine Menschen kreuzen unseren Weg.
Nach dem prächtigen Chateau Montrose erscheint uns das Chateau d‘Escurac viel kleiner und bescheidener. Doch trotzdem versprüht dieses Chateau ein ganz besonderes Ambiente. Hinter dem Chateau flüstern die Bäume einer kleinen, einsamen Aufforstung und die Vögel zwitschern.
Obwohl die Weine des Chateaus nicht zu den teuersten in der Region gehören, sind hier die Arbeitskultur und die Qualität des Weines sehr hoch. Das Chateau d‘Escurac gehört zu den sogenannten Cru Bourgeois. Ähnlich wie die etablierten Chateaus der Cru Classés, bilden die Mitglieder der Cru Bourgeois eine stolze Gemeinschaft, die guten Wein nach eigenen Regeln produziert und liefert. Eine dieser Regeln erlaubt den Verkauf des Weines erst im zweiten Jahr nach der Lese. Es gibt dennoch genug Weinfreunde, die den Wein gerne in primeur kaufen. Im Jahr 1996 gewann das Chateau d‘Escurac den 15. Crus Bourgeois Cup.