Als leidenschaftlicher Rotweinliebhaber habe ich mit den Weißweinen so gut wie keine Erfahrungen.
In sehr heißen Tagen oder zum Fisch fand ich es immer angenehm, mich damit zu begnügen, doch die Leidenschaft, die ich für rote edle Tropfen entwickelt habe, kann man mit diesen flüchtigen Erfahrungen nicht vergleichen. Die Reifungsfähigkeit von Rotweinen ermöglicht es, sie über Jahre hinweg zu lagern, was zu veränderten Aromen und Texturen führt – die Vielfalt, die ich so liebe.

Dabei war es mir immer bewusst, dass die Weißwein-Szene nicht zu unterschätzen ist. Warum also Weißweine vernachlässigen?

Zugegeben – die Aromen und Geschmacksnoten sind für einen eher rotweinorientierten Trinker oft nicht deutlich genug und scheinen anfangs weniger vielfältig. Aber nur anfangs …

Genauso wie bei den Rotweinen ist hier die Übung äußerst wichtig, um eine ausreichend hohe Affinität zu entwickeln. Und die richtige Weinauswahl ist natürlich bestimmend. Dann kommt die Lust auf Weißwein – die höchste Zeit, systematisch dran zu gehen, Rebsorten zu erschmecken, Neues auszuprobieren. (Mehr dazu in unserem Blogbeitrag  Wie schmeckt Ihnen teurer Wein.

Die ersten drei Weißweine, die ich mit diesem Ansatz verkostet habe, sind: Bodegas Muga Blanco 2022, Girlan Indra Sauvignon Blanc 2022 und der Sauvignon Blanc Vette di San Leonardo IGT Vigneti delle Dolomiti 2022.

Bodegas Muga Blanco 2022

Rioja-Weißwein

Ein hervorragender Wein mit deutlichen Zitrusnoten, leisem Rauchklang und weißen Blüten. Am Gaumen cremig mit Vanillenoten, mit einer ausreichenden, aber nicht dominierenden Säure. Ein langer fruchtiger Abgang erinnert an Mandeln und Pfirsich.

Nicht schlecht für Anfänger, das alles herauszuschmecken? Nun, ehrlich gesagt musste ich meine Verkostung mehrmals wiederholen und mich ziemlich anstrengen. Außerdem konnte ich absolut nicht sagen, um welche Rebsorte es sich dabei handelt. Und hier gilt nicht alleine meine Unerfahrenheit in weißen Weinsorten als Rechtfertigung, sondern auch der Flascheninhalt selbst. Die dominierende Rebsorte des Weines ist Viura, eine mir völlig unbekannte Traube, dazu kommen noch Garnacha Blanca (Grenache Blanc) und Malvasia – für einen Anfänger ziemlich ein kompliziertes Cuvee.

Aus diesem Grund habe ich mir vorgenommen, später ein paar Viura-Weinen zu verkosten, um mir eine Vorstellung über die Aromawelt dieser Sorte zu bilden.

Girlan Indra Sauvignon blanc 2022

Südtirol-Weißwein

Als Erstes verwöhnen Holunder- und Stachelbeernoten die Nase, leise kommt etwas Pfirsich. Am Gaumen ist dieser Sauvignon Blanc sehr frisch und trotzdem angenehm mineralisch. Beim Abgang lässt sich auch ein leises Brennnessel-Aroma verspüren. Für mich war dieser Wein viel leichter zu verstehen als der Bodegas Muga Blanco. Er ist etwas direkter und deutlicher in seinen Noten, bleibt dabei trotzdem elegant und hat ein edles, langes Finale. Zum Vergleich hole ich mir noch eine Flasche Sauvignon Blanc aus 2022 und werde keinesfalls enttäuscht.

Sauvignon Blanc Vette di San Leonardo IGT Vigneti delle Dolomiti 2022

Obwohl man bei diesem Wein die Aroma- und Geschmacksmuster eines Sauvignon Blanc erkennt, ist er doch ein Edeltropfen mit eigenem Charakter, der sich auch einem Verkostenden ohne viel Erfahrung leicht bemerkbar macht.

Gras und Kräuter überraschen die Nase mit ihren grünen frischen Noten, dazu würzige Pfeffertöne und etwas Zitrus.

Am Gaumen kommt Zitrus noch deutlicher. Der Wein ist saftig, geschliffen und hat einen vollen Körper. Beim Abgang klingen langsam Brennnessel- und Jasmintöne an.

Nach diesem Versuch mich der Weißwein-Welt etwas näher zu kommen, bin ich immer noch der Rotweinliebhaber geblieben (kein Wunder nach mehreren Jahren, ohne einen Tropfen Weißwein zu verkosten). Nach wie vor bevorzuge ich die komplexeren, kraftvolleren und tanninhaltigen Weine.

Doch umso spannender wird meine Suche nach einer neuen Begeisterung in der hellen frischen Welt des Weißweines.