Wie so häufig entstehen die ganz großen Geschichten aus widrigen Umständen. Sie werden geschrieben durch die Leben Einzelner, die sich auf den Weg gemacht haben Dinge in ihrem Leben und auch im Leben Anderer zu verändern. Einzelschicksale, die häufig in Armut beginnen und durch den Wunsch beflügelt werden zumindest die nächsten Mahlzeiten für sich und auch für seine Familie frühzeitig und sorglos zu sichern. Ende des 19. Jahrhunderts zog es viele Europäer nach Südamerika. Scharenweise wanderten damals Nordspanier von Galizien, aber auch Italiener von den Häfen Genuas aus, um ihr Glück und etwas Wohlstand in der Ferne zu suchen. So war es auch bei der Familie Catena. Wären die Vorfahren der Gallionsfigur des argentinischen Weines nicht ausgewandert, so hätten die Schreiber die Geschichte des Weinbaus in dem sehr reizvollen Land ganz anders festhalten müssen. Der Rest ist Geschichte. Eine sehr spannende dazu.
1902 gründete Nicola Catena, Vater von Nicolas Catena das Weingut Catena und legte das Fundament für eine Erfolgsgeschichte, die wie ein Märchen klingt. Catena pflanzte Malbec in Mendoza und war einer der ersten, der auf diese aussichtsreiche Karte setzte. Es war wohl Intuition mit der die Pioniere damals ans Werk gegangen sind. Sie sollten Recht behalten, denn die Malbec fühlt sich in Argentinien so wohl, wie nirgends sonst auf der Welt. Hier kann sie in aller Ruhe heranreifen und ihre Vorzüge voll entfalten.
Viele kleine strategische Entscheidungen, Austausch mit anderen großen Persönlichkeiten des Weinbaus, noch mehr harte Arbeit und noch viel mehr Mut waren der Antrieb der Familie Catena. Das Resultat ist über 100 Jahre Erfahrung im Weinbau auf einer Höhe von über 1000 m, der vollendete Umgang mit ungepropften Reben und sehr viele internationale Auszeichnungen für die Weine und auch für ihre Lebenswerke. Zu all dem, aber in erster Linie vor allem zu ganz fantastisch schmeckenden Weinen mit singulärem Alleinstellungsmerkmal, gratulieren wir von herzen und ziehen unseren Hut!
2019 Nicolas Catena Zapata
Unter diesem Namen füllt das Weingut seine ganz individuelle Visitenkarte ab, die nicht nur den modernen argentinischen Wein symbolisieren soll, sondern der großen Weinwelt auch seine ganz außergewöhnliche Herkunft näherbringen soll. Der große Mann des argentinischen Weinbaus greift hier auf Weinberge zurück, die auf einer Höhe von über 1400 m über dem Meeresspiegel liegen. Irrsinn! Für den Nicolas Catena Zapata 2019 wurde der überwiegende Teil des Cabernet Sauvignons mit Malbec und kleineren Anteilen an Cabernet franc vermählt. Und diese Cuvée hat es sowas von in sich! In der Nase dominiert eine satte Kirschfrucht, die vor Intensität zu bersten droht. Direkt danach der Duft von Pflaumen, Tomaten und Minze. Durch langes Schwenken im Glas offenbart der Wein Schwarzbrot, Blaubeere, Senfsaat und Zimt. Diesem Wein mit seinem Bouquet zu folgen ist ein ganz feines Vergnügen. Am Gaumen lässt der 2019er Nicolas Catena Zapata erst einmal seine Muskeln spielen. Sein junger, ungezügelter und noch lange nicht glatt gebürsteter Charakter lässt ihn muskulös am Gaumen antreten und sehnig und durchtrainiert über die Zunge marschieren. Die reichlich vorhandene Säure, die die Trauben der ungepfropften Reben sich hier oben konservieren konnten, lässt den Wein in seinem Zuschnitt, seiner Komposition fast schon erfrischend erscheinen. Noten von Eukalyptus paaren sich mit Jod. Pfeffer eifert um die Wette mit der leichten Röstung der Haselnuss. Trotz seiner Jugend und seiner jugendlichen Kraft ist der Wein aus einem Guss zu trinken. Hier steckt viel Musik drin!
Adrianna Vineyard Vino de Parcella 2015
Die Idee im kreativen Kopf des Nicolás Catena Zapata die Lage Adrianna Vineyard zu pflanzen, war die den kühlsten Standort für Weinbau in Mendoza zu finden. Natürlich hatte die Familie auch Bedenken und sie waren sich des Risikos bewusst. Es gab genug Hinweise in vielen Fachbüchern, dass Weinbau über 1000 m eher einem Himmelfahrtskommando gleichen würde. Eine Wette gegen die Natur und ihren Abläufen: schaffen es die spätreifen Sorten Malbec und Cabernet Sauvignon in Adrianna zur physiologischen Riefe zu gelangen?
Doch genau das haben die Catenas auf den hochgelegenen Böden von Adrianna auf 1500 m getan. Nicolás pflanzte den Adrianna-Weinberg mit Cabernet Sauvignon und Chardonnay aus Frankreich sowie mit Malbec aus der Parzelle 18 seines 75 Jahre alten Weinbergs Angélica. In den folgenden Jahren erwiesen sich die Weine durchweg als mineralischer und säurebetonter als die Weine aus anderen Lagen im südlichen Uco-Tal in niedrigeren Höhenlagen – Lagen wie Altamira, La Consulta und Eugenio Bustos. Der Adrianna Cabernet wies mehr Pyrazine auf – das ist der Stoff, der der Sorte ihren charakteristischen Paprikageschmack verleiht. Die Malbecs hatten mehr Grip und dichtere Tannine, und die Chardonnays waren sowohl mineralisch geprägt, hatten aber auch genug Fleisch an den Rippen, um der Säure etwas entgegensetzen zu können.Das, was Adrianna Vineyards anderen Lagen in Argentinien voraushat, sind die unendlich vielen Sonnenstunden und die immense Helligkeit der Sonne. Sie ist es, die via Photosynthese den Rebstock über seine Blätter Energie, Kraft und Power zukommen lässt, mit der sie dann ihre besonderen Trauben füttert. Und da es dort oben sehr kühl ist und die Temperaturschwankungen eklatant sind, weisen die Trauben eine sehr hohe Säure auf bei niedrigen Zuckerwerten auf. Also absolut perfekte Umstände, um wirklich großen Wein entstehen zu lassen!
Auch wenn wir längst bei der Vermarktung des Catena Zapata Adrianna Vineyard 2018 angelangt sind, möchte ich in diesem Blogbeitrag über die Gelegenheit berichten, die sich mir vor einigen Monaten geboten hat und mir mein Verkoster-Herz gestreichelt hat: die Verkostung des Adrianna Vineyards aus den Jahrgängen 2011 und 2015!
Adrianna Vineyard Vino de Parcella 2011
Der 2011er hat mich auf seine einzigartige und eindrucksvolle Art noch einmal daran erinnert, weshalb die ganz alten Weine des Bordeaux im Alter so spannende Aromen aufweisen. Sehr häufig wiesen die Weine aus dem Bordelais einen deutlich höheren Anteil an Malbec auf, als sie es heute tun. Die Malbec Traube war das Salz und auch der Pfeffer in der Suppe. Anbau, Pflege, Reife, der Umgang mit der Malbec, das war früher noch anspruchsvoller, als heutzutage. Aufgrund der Widrigkeiten haben viele Chateaux- Besitzer ihren Anteil an Malbec stark heruntergefahren. Manche haben ihn im Laufe der Jahre sogar ganz verschwinden lassen. Ein Jammer. Denn was ein gereifter Malbec kann, zeigt Adrianna Vineyards 2011. In der Nase verströmt er in einer verschwenderischen Fülle die Aromen von Backpflaume, Rose, Lakritz und Pfeffer. Dahinter gerösteter Kaffee, Linde, Tomatenmark, Farn, Heu und Soja. Am Gaumen glänzt seine feingliedrige Kraft und begeistert sein abgeschmolzenes Tannin. Abgerundet wird das Geschmacksbild mit Noten von feuchter Erde, Waldboden und Süßholz. Bemerkenswert bei dem 2011er Adrianna Vineyard ist sein noch immer präsentes, aber sehr vornehmes Tannin, welches den Wein noch immer sehr gut stützt und seine animierende, erquickende Säure.
Auch die Verkostung des 2015er Adrianna Vineyard war sehr spannend und hat zu emotionalen Notizen im Verkostungshandbuch und zu noch mehr schönen Erinnerungen geführt. Hier hat mich die üppige Brombeere angelacht, die Aromen von Orangenblätter begeistert, Rose und Tee. Johannisbeerblätter bringen etwas pflanzliches, knuspriges ein und runden das Duftbild vorzüglich ab. Am Gaumen begeistert der Adrianna Vineyard 2015 mit seinen unaufgeregt und gekonnt skizzierten Aromen von Vollmilchschokolade, Kaffee, Pfeffer und feuchter Erde. Mehr nicht? Nö. Dafür aber in vollendeter Eleganz und Deutlichkeit! Selten erlebt, eindrücklich ins Gehirn gebrannt. Seine fantastische Harmonie im Zusammenspiel aus dem Tannin und der Säure stellt eine wirkliche Benchmark dar! Der Wein verfügt über ein selten langes Finale und über einen richtig langen und vor allem aromatischen Nachhall. Wirklich genial wird er Wein dadurch, dass er schon fast süffig wirkt und dabei wässernd am Gaumen ist. Dieser Wein macht einfach so viel Spaß, dass man große Lust auf ein zweites Glas bekommt. Und DAS ist eine Eigenschaft, welche nur selten anzutreffen ist!