Nur wenige Autominuten nach Libourne wird es schön. Wer genug von der eher platten Landschaft des Medocs hat, der sollte einen Abstecher in die wunderschöne Gegend des Anbaugebiete Fronsac machen.
Keine Frage: die großherrschaftlichen Schlößer der Rue de Chateau im Medoc muss man als Wein- Aficionado einmal im Leben gesehen haben. Aber ein zweites Mal?
Große Konzerne, Versicherungsgesellschaften und potente Investoren haben sich hier eingekauft und die Gutsschlösser in strahlende Magnete verwandelt, die ein paar Mal im Jahr Besucherscharen aus aller Welt empfangen. In ihren prunkvollen Sälen mit den hohen Decken geben sich dann die Journalisten, Kritiker, Händler und Einkäufer die Klinke in die Hand und rücken dann wieder ab, um von ihren Verkostungen zu berichten. Zurück bleibt eine attraktive Region, der es vor allem ein einem fehlt: Leben und Individualität.
Das wahre Leben findet woanders statt, nämlich in den Appellationen, die noch folgen, wenn man der Dordogne in Richtung Landesinnerem folgt. Kleine Dörfer, buntes Leben und reges Treiben auf den Straßen, fast schon romantische Bilder, die man so schnell nicht vergisst, wenn man einmal den kurzen Umweg genommen hat.
Eine der interessantesten Appellationen des Hinterlandes möchte ich ihnen mit den nächsten Blogbeiträgen näherbringen. Im Fronsac, wo die Chateaus noch persönlich, von privat und familiär geführt sind, gibt es sehr viele Entdeckungen zu machen. Hier ganz in der Nähe von St. Emilion, wo der Merlot dem Cabernet Sauvignon bevorzugt wird nur mit etwas Cabernet franc „gewürzt“ wird, wird es richtig spannend.
Philippe Hermouet strandete 1987 in Saillans. Als er das Anwesen entdeckte, war es für ihn schnell klar, dass er in Zukunft eben dieses schöne Örtchen seine Heimat nennen würde. Dieses Jahr wird er zusammen mit seinem Team zum 35. Mal zur Ernte ausrücken, um die 22 ha Weinberge, die er fast ausschließlich mit Merlot und Kleinstmengen Cabernet Sauvignon und Cabernet franc bestockt hat, zu ernten. Die Rebstöcke, die er damals nach und nach gepflanzt hat, stehen auf lehmigem Kalkboden, auf dem Trauben mit wahrlich authentischem Herkunftsgeschmack heranwachsen.
Die Weinherstellung ist denkbar einfach und fast schon unspektakulär. Mit einer kleinen vertikalen Presse werden die Trauben ganz sanft über mehrere Stunden gepresst. Behutsames Einmaischen und eine gekonnte Extraktion verleihen dem Clos du Roy seine leuchtende dunkele Farbe. Um den Verlauf der alkoholischen Gärung genauestens im Griff zu haben, wird der Wein in Edelstahltanks langsam bei moderaten Temperaturen vergoren. Im Fasskeller stehen dann die Barriques, die 225- Liter kleinen Holzfässer, bereit, um den Wein 12 Monate durch Sauerstoffaustausch lang reifen zu lassen. Philippe tauscht jedes Jahr ein Drittel seines Fassbestandes aus, um einen gleichbleibenden Abdruck der Holzfasslagerung im Wein zu interpretieren.
So unspektakulär die Weinbereitung, so spektakulär gut, habe ich den Wein im Glas empfunden. Das, was ihn vor allem auszeichnet, ist sein fast schon altmodischer Zuschnitt. Hier geht es nicht um die dicke, „süße“ Frucht und die eichenwürzige Schminke eines Trinkgewohnheiten- Diktates. Hier geht es um wahrhaftige Authentizität, um bodenständige Sturheit und um den echten Geschmack seiner Herkunft.
Der Clos du Roy ist der „vin de garde“, der „great wine“, des Weingutes. Sein geschmacklicher Reichtum versteckt er nicht sonderlich lange, ist recht zügig präsent und bringt dann über sein breit gefächertes Aromen- Spektrum die mögliche Komplexität der Fronsac-Weine Reben voll zum Ausdruck. Sehr angetan sind wir von seinem Duftbild. Hier dominiert die deutliche Brombeere, der schwarze Pfeffer und mazerierte Kräuter. Begeistert hat mich aber vor allem dieser charakteristische Duft, den ich nur mit den Weinen aus dem Westen Frankreichs in Verbindung bringe: Eisen, Blut und Duft nach feuchter Erde. Am Gaumen direkt zugänglich, rund und ordentlich viel knackige Frucht nach schwarzer Johannisbeere. Spektakulär ist vor allem der frische Säurebiss, der den Wein begleitet. Das bringt Erfrischung, aber säubert vor allem auch den Gaumen. Sie ist die Wirbelsäule, die den Wein recht lang tragen und stützen wird. Das feingliedrig und elegante Gerbstoffgerüst verhilft dem Wein zu Kraft und Nachdruck und wird zum langen und glücklichen Leben dieses Weines beitragen.
Clos du Roy: diesen Wein sollten sie kennenlernen und trinken, wenn Sie an authentischem Weingeschmack aus Bordeaux abseits der bekannten Regionen und Namen interessiert sind.
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