Weinbaugebiete in der Region Norditalien
Piemont
Im Nordwesten Italiens liegt die qualitativ wohl wichtigste Anbauregion des Landes: das Piemont. Seit den achtziger Jahren gibt es kaum eine Region, deren Rotweine so in der Nachfrage gestiegen sind, wie die Qualitätsgewächse, gerade aus den DOCGs Barolo und Barbaresco. Dabei steht die Rebsorte Nebbiolo voll im Fokus, aus der auch vermeintlich kleine Weine von beachtlicher Qualität erzeugt werden, zum Beispiel so genannte Langhe Nebbiolo. Langhe ist der bekannte Fluss, der sich durchs Piemont schlängelt und gerade die oben genannten DOCGs klimatisch bevorzugt ausstattet. Vor der Renaissance des Piemont war die Region, in der auf 48.000 Hektar Weinbau betrieben wird, eher von Armut geprägt, was sich noch heute erahnen lässt, wenn man vor Ort unterwegs ist. Doch seit die Region auflebt und die Weine hier preislich anfangen, wo manch andere Region aufhört, geht es Berg auf. Und das nicht nur wegen des Nebbiolo und den renommierten Top-Lagen. Auch Rebsorten wie Barbera und Dolcetto tragen maßgeblich zum Erfolg der Rotweine des Piemont bei. Im Bereich der Weissweine überzeugen ebenfalls die höheren Qualitäten von Cortese, Arneis und Moscato. Cortese ist die Traube rund ums Gebiet Gavi, der sich wie die gesamte Region einer neu aufkeimenden Beliebtheit erfreut. Arneis gibt es vor allem in Roero und Langhe, und der Moscato trägt meist den Beinamen d’Asti, woher auch einige rote Gewächse der Rebsorte Barbera stammen. Renommierte Produzenten des Piemont sind Conterno Fantino, Vietti, Bruno Giacosa und natürlich Ikonen wie Angelo Gaja und La Spinetta.
Lombardei
Die Lombardei und Venetien in einen Blog-Artikel zu packen ist schon gewagt – nur der Größe der Regionen wegen, zusammen 100.000 Hektar. Dazu sind sie noch recht unterschiedlich, wenn es um die Möglichkeiten des Weinbaus und dessen Ergebnisse geht. Warum es trotzdem funktioniert? Die beiden Anbaugebiete teilen sich mit der DOC Lugana eine der wohl angesagtesten ganz Italiens, wenn nicht gar der Welt. Gerade in Deutschland ist der Lugana so beliebt wie sonst nirgendwo. Geschwappt über das ganze Land ist diese Welle von München aus, wo es, wohl wegen der Nähe zum Gardasee, einen Umschwung vom vorherigen Modewein Pinot Grigio (das italienische Pendant zum Grauburgunder) gab. Unkomplizierte Weine mit enormer Frucht, manchmal noch mit etwas animierender Mineralik, aber nie nennenswerter Komplexität, bis auf vielleicht die Riserva-Qualitäten, wie Ca dei Frati Brolettino oder der Catullo von der Tenuta Roveglia. Der Großteil des Gebiets Lugana, für dessen Modewein die Traube Trebbiano verwendet wird, liegt in der Lombardei, mit seiner Hauptstadt Mailand, in der selbst allerdings kein Wein produziert wird. Die 25.000 Hektar der Region verteilen sich auf drei Gebiete in Seenähe. Im Gros ist die Lombardei eher weniger für den Weinbau geeignet. Der Bezug zu Gewässern gibt immer etwas klimatische Vorteile, als da wären kühlende Einflüsse im Sommer und im Winter leicht wärmende, um die vom Kontinentalklima starken Schwankungen von Sommer zu Winter etwas zu mildern und für nicht zu extreme Temperaturen zu sorgen. Gerade in Nähe zum Gardasee und Lago Maggiore kann einiges an passablen Weinen produziert werden. Deutlich anspruchsvoller geht es da in der Lombardei mit der Vinifikation von Schaumweinen zu: Franciacorta, die italienische Antwort auf Champagner. Hier gibt es starke Qualitäten zu verhältnismäßig schmalen Kursen.
Venetien
Die circa 75.000 Hektar große Region Venetien mit ihrer Hauptstadt Venedig hat in Punkto Wein schon mehr Abwechslung zu bieten, auch mit den Ausschlägen nach oben hin, wenn es um Qualität geht. Die Basis wird hier vor allem von drei Weinen gestellt: Soave, meist ein etwas unscheinbarer Weisswein, zu einem Großteil aus Garganera gekeltert, der allerdings beeindruckende Qualitäten entwickeln kann, wenn man dem Ganzen etwas mehr Aufmerksamkeit und Zeit gibt. Bardolino, ein unkomplizierter, eher fruchtbetonter Roter ohne Ecken und Kanten, den es, wie beim Soave, aber auch in besseren Spielstärken gibt – leider zu selten. Der Chiaretto ist die Rosévariante des Bardolino, und hier macht das Simple die Sache großartig: viel Frucht trotz trockenem Geschmacksbild, saftig, frisch, unkompliziert. Hier will man perspektivisch ganz oben im Sommerweinsegment auftrumpfen, die Chancen stehen gut. Eine Empfehlung ist hier der Bardolino Chiaretto aus dem Hause Zenato, welches auch unterschiedlichste Spielstärken Lugana abfüllt. Der dritte Wein, der Venetien qualitativ nach vorne peitscht, stammt aus dem Valpolicella und besteht meist aus Corvina und Rondinellea. Schon einfachere Qualitäten können hier durchaus beachtliches im Glas zeigen, etwa an der Rebe angetrocknete Beeren (Valpolicella Superiore) oder Weine, die nach der Gärung über die Reste der Produktion der Top-Weine gespült werden (Ripasso). Doch der Primus der Region ist der Amarone. Vollreifes Traubengut, das nach der Lese erstmal ausgelegt wird, um bis zu 40 Tage lang zu rosinieren. Die Essenz dessen, was dann gekeltert wird, ist natürlich von spärlicher Menge, dafür aber von immensem Gehalt. Dicht, komplex, mächtig und dennoch meist elegant präsentieren sich diese Weine, die bei Liebhabern und Genießern hoch im Kurs stehen. Getoppt wird dies, wenn es um Gehalt geht, nur noch vom süßen Recioto, einer Spezialität des Valpolicella. Besonders beeindruckend empfinden wir immer wieder die Weine des Hauses Tedeschi, die das komplette Spektrum des Valpolicella spiegeln und einiges für den Weinbau in der Region tun – sei es die Klassifizierung von Einzellagen zu forcieren oder einfach herausragende Qualitäten zu fairen Preisen abzufüllen. Ungeachtet dieser typischen Vertreter der Region gibt es auch kleine, naturnah arbeitende Weingüter wie Masari, die eher die internationalen Rebsorten im Fokus haben, welche hier im Veneto, wie der Italiener sagt, ebenfalls prächtig gedeihen. Und auch Schaumwein ist der Region Venetien nicht fremd. Aus Glera wird im Gebiet Prosecco sowohl Frizzante (Perlwein) als auch Spumante (Schaumwein) gemacht, hier reicht von einfachsten Qualitäten bis wirklich spannenden Produkten. Gerade die Weine von De Stefani können begeistern, leistet man hier doch immer wieder Pionierarbeit, wenn es um Weinbau und Qualität geht.
Friaul
Die letzten Regionen Norditaliens, zumindest derer im CB-Fokus, sind nicht minder spannend, als die anderen italienischen Weinbauregionen.
Das Friaul, was eigentlich nur der gängige Ausdruck ist, das Anbaugebiet heißt tatsächlich Friaul-Julisch Venetien, bietet auf circa 25.000 Hektar vor allem Weissweine, die qualitativ auf dem höchsten italienischen Niveau zu finden sein können. Internationale wie autochtone Rebsorten werden hier gleichermaßen geschätzt wie angebaut. Die besonderen klimatischen Merkmale verschaffen den Weinen, auch denen aus internationalen Rebsorten, ihren ganz eigenen Charakter. Die julischeu Alpen schützen die Region aus dem Osten vor kalten Einflüssen, gleichzeitig sorgen warme Luftströme aus Venezien für eine gute „Ventilation“. So kann im Friaul, trotz enormer Niederschlagsmengen, wunderbar reifes, gesundes Traubengut gelesen werden, was gerne im Holz ausgebaut wird und so eindrucksvolle Tiefe und Dichte bekommt, mit einer tollen Balance zwischen Frucht und Säure. Die meist recht nährstoffarmen Böden sorgen für tiefes Wurzeln und einen Konkurrenzkampf der Reben um die nötigen Nährstoffe, sodass die Weine am Ende zusätzlich noch mit feiner Mineralität gesegnet sind, was die kalkhaltigen Urmeerböden noch forcieren. Ob die Weine schon seit 3000 Jahren, in denen hier nachweislich Weinbau betrieben wird, diese Stilistik aufweisen, können wir natürlich nicht sagen.
Südtirol
Südtirol und Trentino werden gerne in einem Atemzug als eine Region genannt, so ganz einverstanden sind wir damit allerdings nicht. Südtirol, mit 60% eine klare Weissweindomäne, mit Ikonen wie Alois Lageder und jungen Weingütern wie Erste und Neue, misst nur kleine 5400 Hektar, womit es das kleinste Anbaugebiet Italiens ist. Im Anspruch ist es aber ganz groß, viele Steillagen, viel naturnahe Bewirtschaftung, viel Expertise der Winzer und Qualität in der Flasche. Die Rebsortenvielfalt in Südtirol ist enorm, internationales wie Chardonnay und Sauvignon Blanc tummeln sich hier ebenso wie Ruländer (Grauburgunder), Pinot Bianco (Weissburgunder) und die autochthone Rebsorte Gewürztraminer. Auch Müller-Thurgau gedeiht hier, auf teilweise bis 1000 Metern Höhe, zu erstaunlichen Qualitäten. Im Rotweinbereich dominiert der Lagrein, der je nach Ausbau auch gern an einen toskanischen Merlot erinnern kann, und der Vernatsch, deutlich leichter, von heller Farbe und rotfruchtigem Geschmacksbild.
Trentino
Im Gegensatz zur Weissweinwelt Südtirols bietet Trentino ein etwas anderes Bild. Bekannt für seine Rotweine, vor allem aus den autochthonen Rebsorten Teroldego und Marzemino, erzielen Spitzenwinzer hier Spitzenqualitäten. Teroldego, bekannt für eher kantige, rotfruchtige Weine mit hoher Mineralik und Tiefe, Marzemino für etwas konzentriertere, dunkelfruchtige Weine. Ein Paradebeispiel hierfür ist sicher der sortenreine Teroldego „Granato“ von Elisabetta Foradori, der biodynamisch produzierenden Winzerikone des Trentino. Auch Weissweine können hier aus autochthonen Rebsorten hohe Qualitäten erreichen, zum Beispiel aus Nosiola und Manzoni. Internationale Rebsorten in rot und weiss wie Cabernet Sauvignon, Chardonnay und sogar Riesling komplettieren den Rebsortenspiegel der Region, der sich auf etwas über 7000 Hektar verteilt. Unserer Meinung nach leider eine etwas unterschätzte Region, die selten genug Beachtung findet.