Michel Coudroy ist ein Vigneron independent, ein familiengeführtes Unternehmen mit Sitz in Montagne de Saint Emilion. Insgesamt pflegt er 62ha Weingärten in den Montagne Saint Emilion (50ha), Lalande de Pomerol (7ha), Lussac (6ha) und eben genau die zwei Hektar im Pomerol, um die es in diesem Blogbeitrag geht. Die Familie ist bereits seit dem 16. Jahrhundert im Weinbau tätig und konnte sich auf Grund tiefer Verwurzelung am rechten Ufer und bester Beziehungen zwei Hektar hochwertigster Rebflächen sichern, die genau zwischen Chateau Le Pin und Chateau Petrus liegen. Es ist also kein Wunder, weshalb der 2019er Haut Tropchaud, dem wir bei unseren jährlich stattfindenden Bordeaux Primeur Verkostungen unser internes Attribut für hervorragende Qualität verliehen haben. Haut Tropchaus aus dem Jahrgang 2019: Ein Donnerschlag an Wein!
Pomerol: So viel Charme und so rar!
Das Pomerol ist ein junger Stern am Himmel des Bordelaiser Weinuniversums, aber die Namen der Weine, die hier wachsen, kennt jeder Mensch, der sich mit Wein beschäftigt, auch wenn er gerade erst sein erstes Buch zu diesem Thema in den Händen hält. Château Petrus und Le Pin sind an Exklusivität und Preisintensität eigentlich nicht zu überbieten. Doch es gibt noch so viele andere Weingüter, die seit Jahren und Jahrzehnten richtig stark performen. In erster Linie denke ich da an Vieux Château Certan und Trotanoy, an Clos l’Eglise und L’Eglise Clinet, an La Fleur de Gay und L’Evangile, an Lafleur und Latour à Pomerol. Dann die vielen anderen Sterne mit ihren genussverheißenden Namen wie Hosanna, Providence und Conseillante. Meine Güter, da bleibt mir ja beim Schreiben selbst die Spucke weg. Doch was ist das Besondere an dieser Region? Wir begeben uns mal auf Spurensuche. Geologisch gesehen ist dieser Landstrich eine einzige, große Kieselbank mit ganz sanftem Wellen in einer dann doch insgesamt sehr flachen Topografie. Die Weine, viele von ihnen fast gänzlich aus Merlot gekeltert, sind in Farbe und Fruchtausbeute und überbordendem Charme nicht zu übertreffen. Manchmal wird die mitunter etwas fehlende Säure- und Gerbstoffstruktur durch das Mitwirken von den beiden Cabernets retuschiert. In Sachen typischer Fruchtaromatik können sich viele Experten auf die Begriffe „reife Pflaume“ und „Sahnebonbon“ einigen. Doch ein Merkmal, welches alle Weine aus dem Pomerol vereint, ist die Tatsache, dass sie so furchtbar rar sind. Und das bei einer brutalen weltweiten Nachfrage. Viele dieser oben genannten Weine sind wie U- Boote: Sie tauchen kurz auf, um dann wieder für lange abzutauchen. Oft verschwinden sie für viele Jahre in gut sortierten Kellern, um dann mit horrenden Preissteigerungen wieder aufzutauchen. Verrückte Weinwelt!
In letzter Sekunde gerettet: Haut Tropchaud 2019
Das war schon ein dickes Ding, was sich die Verantwortlichen mit der neuen Gesetzgebung im Jahr 2009 ausgedacht hatten! Mit einer Deadline bis 2019 mussten die Weingüter Grand Moulinet, Haut-Tropchaud, Lafleur Grangeneuve, La Truffe, Les Graves de Canterau, Vray Croix de Gay, Clos de la Vieille Eglise, Domaine de la Pointe und Domaine Vieux Taillefer ein eigenes Weingut inklusive Keller innerhalb der geografischen Grenze der AOC Pomerol nachweisen, sonst würden sie aus der AOC ausgeschlossen! BÄM! Die spinnen die Gallier! Aber wir wären nun mal auch nicht in Frankreich, wenn sich kein willensstarker Widerstand geregt hätte. Und so zogen die „Bannis de Pomerol“ bisds zum Conseil d’Etat, dem höchsten Verwaltungsgericht Frankreichs und legten Berufung ein. Sie argumentierten, dass das Dekret aus 2009 eine Machtüberschreitung darstellte, gegen die Europäische Charta der Menschenrechte und die üblichen Regeln der französischen Weinherstellung verstieß. Dies getan, zogen sie von dannen und machten erst mal weiter ihren Wein. Manche von ihnen fuhren das Lesegut wie gehabt ins benachbarte Lalande-de-Pomerol, andere nach Saint Emilion. Dann endlich die Entscheidung: alles bleibt wie gehabt. Niemand muss für seine teilweise nicht mal fünf Hektar irgendwelche Betriebsstätte bauen. . Der Conseil d’Etat sprach ihnen sogar jeweils 3.000 Euro Entschädigung zu! Wahnsinn! Leider konnten wir nicht herausfinden was die neun Winzer mit diesen jeweils 3000 angestellt haben. Man munkelt, dass sie gemeinsam die ein oder andere Flasche Pomerol auf „ihrem“ Sieg gemeinsam geleert haben. Die Franzoden wieder….
Der Wein und die Die Verkostung
Der Weinjahrgang 2019 ist auch beim Haut Tropchaud einfach großartig ausgefallen. Hohe Farbdichte und Intensität, sattes Kirschrot mit schimmernden violetten Reflexen. Dieser Wein verdrängt die Transparenz im Glas aber sowas von eindrucksvoll! Sehr akzentuierte Nase und intensive Nase nach dunklen Beeren und, wen wundert es, vollreifen Pflaumen. Direkt darunter finden sich mazerierte Kräuter, Thymian, Rosmarin, geröstete Haselnüsse, dunkle Vollmilchschokolade und Tahiti- Vanille. Schwarzer Pfeffer und ein irritierend hübscher Kokosnuss- Ton. Am Gaumen begeistert der Wein durch seinen schmelzigen Antritt. Viel Fülle, weicher Antritt mit Fruchtmerkmalen des Duftbildes. Nach einiger Zeit geht der Wein dazu über mit Aromen zu spielen, zu changieren: Blaubeeren, Rosmarin und Zigarrenkiste. Zedern und salziges Krokant. Total spektakulär zu trinken! Viel Trinkfluss, markant gebaut und gut ausgestattet mit ordentlich viel Säure und sehr geschliffenem Tannin. Dieser Wein ist die reinste Verführung. Und sehr schwer zu widerstehen. Ich hab‘s nicht geschafft. Zum Schluss war die Flasch fast leer. Und mein Arbeitstag zu Ende. Schönes Ende.