Saint- Julien, Crus Classés dicht an dicht

Niedrige Erträge, Kiesböden, alte Reben und ganz viel Tradition. So lässt sich die Genetik der edlen Gewächse des St- Julien in wenigen Worten beschreiben. Die Weinbaufläche ist fast durchgängig von ganz besonders hoher Qualität und wird vor allem durch den hohen Anteil an Kies im Boden geprägt. Dieser befindet sich vor allen Dingen unten am Fluss oder am Südhang. St- Julien ist die Heimat einiger sehr namhaften Weingüter, die sich hier seit Jahrhunderten qualitativ keine Blöße geben. Hier ist die Heimat von Léoville- Poyferré, Léoville Las Cases, Beychevelle, Branaire- Ducru, Ducru- Beaucaillou, Gloria, Gruaud Larose Talbot und eben… Leoville Barton. Häufig werden die Weine aus Saint-Julien als eine Mischung aus der Ausdrucksstärke und Brillanz des Médocs und den Finessenreichtum und der sublimen Qualität der Weine aus Margaux beschrieben. Bis auf wenige Ausnahmen kann man die Weine der Region als relativ rund, und sanft beschrieben, wenn sie denn mal mit zunehmender Flaschenreife ihr doch in ordentlichen Mengen vorhandenes Tannin zum Abschmalzen gebracht haben. Um eine dieser Ausnahmen geht es hier und heute: um das Chateau Langoa Barton aus dem Jahre 2019!

Die Familie Barton und ihre prachtvollen Weine

Die irische Familie Barton ließ sich im 18. Jahrhundert in St-Julien nieder und im Jahre 1826 erwarb die Familie das heute 100ha große Anwesen und es befindet sich bis heute noch in ihrem Privatbesitz. Das im Jahr 1855 als Troisième Cru Classé klassifizierte Gewächs stand lange Zeit im Schatten seines großen Bruders, des Ch1ateau Léoville Barton. Der Grandseigneur der Bordelaiser Weinwelt, Anthony Barton, der bis zu seinem Tod vor wenigen Tagen der festen Überzeugung war, dass der Chai, als der Keller, des „großen“ Léoville der richtige Ort sein, um das Licht der Weinwelt zu erblicken. Seit einiger Zeit werden die Geschicke des Weingutes in der neunten Generation von Lilian Barton-Sartorius geleitet. Gemeinsam mit seinen beiden Kindern liegt es nun an ihm die lange Geschichte des Weingutes weiterzuschreiben.

Die Weinbereitung

Zwar gehören stattliche 100 ha Land zum Anwesen von Langoa Barton, allerdings müssen sich manche Gärten in Bordeaux einfach gut entfalten können und somit ist lediglich ein Viertel der Gesamtfläche mit Reben bepflanzt. Die größte Fläche nimmt der Cabernet Sauvignon mit 57% ein, es folgen der Merlot mit 34% und der Cabernet franc mit 9%. Mit einer Pflanzdichte von knappen 10.000 Stöcken pro Hektar ringen die Reben auf den Kies und Ton- Böden in starker Konkurrenz zueinander nach Nährstoffen. Nach der manuellen Ernte werden die beiden Gärungen in großen Holzgebinden durchlaufen und anschließend fast zwei Jahre in Barriques ausgebaut. Der Anteil der neuen Fässer besteht hier jährlich aus bis zu 60%.

Der Weinstil

Die Weine von Langoa Barton werden als „Terroir- Klassiker“ bezeichnet, die besonders durch ihre Fähigkeit auffallen gut und lange zu altern und dabei eher bescheidene Preise aufrufen. In den 80er Jahren fiel der Jahrgang 1982 positiv auf, in den 90er Jahren begeisterten die Jahre 1995, 1996 und 1999 durch ihr stets dichtes, üppiges und dunkles Duftbild und dem Geschmack von Zedern, Tabak und Trüffel auf. Stets mit von der Partie und um die Gunst des Gaumens buhlend: das in großen Mengen vorhanden Gerbstoffgerüst. In den 2000er Jahren scheint es genau den qualitativen Sprung gegeben zu haben, die die Weine heute so attraktiv machen. In dem letztgenannten Jahrzehnt gab es so gut wie keinen Jahrgang, der durch abfallende Qualität aufgefallen ist.

Der Wein und die Verkostung

Kaum ist der 2019er Langoa Barton im Glas, legt er auf seine unnachahmliche und einzigarrtige Art auch direkt mit seinem so dunklen und tiefen Duftbild los. Satte, schwarze Frucht, an- und erregend verwoben mit dem Duft von Tahiti Vanille und ätherischen Gewürzen. Esplette Pfeffer, Zedernholz und Veilchen. Welch ein dichtes und gut bestücktes Bouquet zum Greifen und Anfassen. Toll! Am Gaumen dann auch keine Zugeständnisse an eine Form der jugendlichen Zugänglichkeit, im Gegenteil: das schwarze, fast süßlich wirkende Fruchtaroma überfällt förmlich die Zungenspitze und lässt auch jederzeit eine passende Menge an den Rändern der Zunge erkennen. Doch bei diesem Wein, beim Langoa Barton, sind wir uns sicher, dass der Wein von seinem massig vorhandenen Tannin getragen und leben wird. Dieser Wein wirkt muskelbeladen, aber zu keiner Zeit rustikal. Natürlich endet der Wein druckvoll und hängt lange nach. Sein ätherischer Nachhall und seine außergewöhnlich aufregende Tanninstruktur aktiviert den Langzeitspeicher. Unter der Rubrik „Schwarze Weine mit Bumms und viel Leben“ sichert er sich einen festen Platz.

Dieser Wein aus einem solch geladenen Jahr, wie es 2019 ist, stellt eine wahrhaftige Alternative zur Oberklasse dar!